Last Updated on 23. September 2024 by Annette
Seit kurzem gibt es einen neuen Radfernweg: den grenzüberschreitenden Hanse-Radweg. Er führt von Neuss am Rhein bis nach Harderwijk in den Niederlanden und durchquert dabei sämtliche Hansestädte. Insgesamt 450 km beträgt der Hanseradweg, der von Nordrhein-Westfalen durch das Gelderland an die Overijssel führt. Mein Mann Christian ist die Route bis nach Zwolle in vier Tagen geradelt und verrät dir, was er dabei erlebt hat und was es unterwegs alles zu besichtigen gibt. Außerdem haben wir noch ein paar Tipps für dich, was es beim Hanse-Radweg zu beachten gibt.
Vorbereitung und Routenplanung
In diesem Frühling hatte ich etwas freie Zeit und durch eine Knie-Verletzung war die eigentlich geplante Route von der Bretagne bis nach NRW nicht wirklich sinnvoll. Also geht es auf die Suche nach einem Alternativplan. In den letzten Jahren wurden ja eine Menge neue Radrouten ausgewiesen, also sollte sich ja was finden lassen.
Rahmenbedingungen: Nicht allzu viele Höhenmeter (damit das Knie hält), Dauer 3-4 Tage, möglichst ohne lange Anfahrt und idealerweise eine Route, bei der man die An- und Abreise ohne viel Aufwand organisieren kann.
Die heimischen Radreiseführer durchgeblättert, dazu eine kurze Suche im Internet, ergibt jede Menge Radwege für NRW. Bei den meisten ist aber die Strecke entweder zu kurz, zu lange, zu hügelig, zu weit weg oder eher für MTB oder Gravelbikes vorgesehen. Da fällt mir ein, dass vor kurzem etwas über einen neuen Radweg ab Neuss in der Zeitung stand. Kurz gesucht, und richtig: es gibt den Hanse-Radweg von Neuss nach Holland über insgesamt 450 km.
Die Route verläuft fast an unserem Haus vorbei, das Internet zeigt freie Unterkünfte auf der Route und zur Not kann man von so ziemlich jedem größeren Ort auf der Strecke per Zug auch zurück nach Düsseldorf fahren. Also ab in die Detailplanung, anschließend das Rad saubermachen und grob durchchecken, die Gepäcktaschen packen (siehe dazu auch unsere Fahrrad-Packliste) und ich bin bereit für die Tour.
Tag 1: Von Neuss nach Wesel – 94km
Einmal durch den Pott
Nach einem entspanntem Frühstück mit Annette, klicke ich die Satteltaschen ans Rad. Flaschen, Lenkertasche dazu und dann doch noch eine wärmere, winddichte Radjacke gegen die Kälte in der Früh. Schon kann es losgehen für die nächsten Tage auf dem Hanse-Radweg. Einen kurzen Schockmoment gibt es ein paar Straßen weiter, als mich ein Sternchenfahrer trotz Vorfahrt auf die Hörner nehmen will und mich dann auch noch aus seinem Auto anblöckt… was will man sagen, bald geht es auf autofreie Nebenwege.
An den Rhein
Nach wenigen 100 Metern treffe ich auf die offizielle Route, die mich zuerst nach Meerbusch/Büderich führt. Dort gibt es am Marktplatz ein Radcafé. Für jeden, der schon ab Neuss losgefahren ist, ist dies ein perfekter Stopp für einen ersten Kaffee. Die Räumlichkeiten sind mit jeder Menge Fahrradkrempel – speziell alten Rennrädern – dekoriert.
Nach Büderich erreicht man den Rhein und begibt sich auf die Reise entlang des Niederrheins. Zunächst sieht man die neue Rheinbrücke mit den startenden und landenden Flugzeugen des Düsseldorfer Flughafens im Hintergrund. Theoretisch könnte man jetzt oder kurz später mit der Fähre die Rheinseite wechseln und die Kaiserpfalz in Kaiserswerth oder das Aschlöksken (ein schön am Fluss gelegenes Büdchen) besuchen.
Ich bleibe jedoch auf der original Hanse-Route auf der linken Rheinseite bis zum Uerdinger Industriehafen. Ein kurzer Schwenk durch die Innenstadt und wieder zurück an den Rhein. Vorbei an Zechensiedlungen, kleinen Dörfern und immer wieder Industriegebieten geht es über den Deich bis Homberg und schließlich gegenüber der Ruhrmündung am Homberger Eisenbahntrajekts hinüber nach Duisburg. Mit dem Eisenbahntrajekt wurden die Züge auf eine Rheinfähre verladen und am anderen Ufer wieder auf Gleishöhe angehoben.
Ruhrpott ohne Döner geht nicht
In Duisburg ist es kurz nach ein Uhr und man kann ja nicht durch den Pott kreuzen, ohne sich eine Currywurst oder einen Döner zu genehmigen. Also wird das abgehakt, jetzt lässt sich auch ungefähr absehen, wie weit ich heute komme. Die vom Hanseradweg vorgeschlagene Etappe endet in Wesel, das klingt für mich sinnvoll, für den ‚Normalradler‘ würde ich aber eine verkürzte Etappe bis Dinslaken oder mit einer Fähre in Orsoy vorschlagen. Dann bleibt auch mehr Zeit für etwaige Besichtigungen und Pausen.
Nach meiner Mittagspause, in der ich auch per Smartphone mein Hotel in Wesel gebucht habe, geht es jetzt auf der rechten Rheinseite durch Hochöfen und Industriebrachen nordwärts. In Walsum erzwingt eine geschlossene Brücke noch einen ungeplanten Umweg. Anschließend zieht sich der Weg über Deiche und ruhige Straßen mal näher und mal weiter vom Rhein entfernt durch die Landschaft.
Wind und Sonne erzeugen etwas Durst und als ich in Götterswickerhamm einen Biergarten sehe, ergebe ich mich den Göttern und kurze Zeit später steht ein kühles Weizen auf dem Tisch und belebt die Geister. Im Biergarten gäbe es sogar eine Steckdose für e-Bikes, mal merken für weitere Touren mit meiner Frau.
Ungeplante Schleifen
Da noch ein paar Kilometer bis zum Hotel in Wesel vor mir liegen, steige ich wieder auf und strample die letzten Kilometer bis zur Festungsstadt. Nicht ohne noch eine letzte Umleitung durch ein neu geschaffenes Naturschutzgebiet mitzunehmen, fahre ich durch die Stadtmauern und zum Hotel am Bahnhof. Tag Eins beschließe ich mit Pasta und viel zu trinken. 95 Kilometer und sechs Stunden auf dem Rad, jetzt liegt der Ruhrpott und vom Rennrad bekanntes Terrain hinter mir. Ab morgen geht es ins Unbekannte, durch den Niederrhein und über die Grenze nach Holland.
Sehenswertes in den Hansestädten dieser Etappe
Neuss: Quirinus-Münster, Clemens-Sels-Museum, Obertor
Wesel: Willibrordi-Dom, Zitadelle, Bahnbrücke, Hanseband
Tag 2: Von Wesel nach Millingen – 94,2 km
Fähren außer Betrieb
Gut ausgeschlafen und nach einem ausführlichen Frühstücksbuffet ist es Zeit, sich wieder in die Radklamotten zu werfen, die Taschen zu satteln und Tag Zwei unter die Reifen zu nehmen. Kurze Rundfahrt durch die Stadt Wesel und auf dem Hanseband ‚Neuss‘ suchen. Dabei handelt es sich um ein Steinband in der Fußgängerzone, auf dem die Namen der 185 Hansestädte stehen.
Danach geht es abweichend vom Hanse-Radweg, schon jetzt über die Rheinbrücke zurück auf die linksrheinische Seite. Die eigentliche Rheinquerung in Bislich muss ausfallen, da die Fähre noch nicht in Betrieb ist. Auf dem Hanse-Radweg gibt es ziemlich viele Fähren. Es macht Sinn, sich vorher über Fährzeiten zu informieren, ansonsten steht man verdutzt am Ufer und sucht verzweifelt eine Brücke.
Ruhig auf dem Deich am Niederrhein
Sobald man von der Brücke auf den Deich abbiegt, rollt man durch einsame Wiesen und entlang an Höfen und kleinen Dörfern. Ein massiver Kontrast zum Tag davor, der von Industrie und Großstadtflair geprägt war.
Kurz vor der Bislicher Insel, einer renaturierten Rheinaue, sehe ich jede Menge Paparazzi mit riesigen Objektiven, kann aber keine Promis finden, die sich im Schilf verstecken. Beim Deichdorfmuseum Bislich, das die Auen näher beleuchtet und ab Mai ein Café beherbergt, erfahre ich dann, dass es in Wirklichkeit keine Paparazzi, sondern Vogelbeobachter sind, die auf der Jagd nach Fotos von Kibitzen und ihren Jungen sind. Falls du auch nicht weißt, wie Kibitze aussehen, findest du hier ein Bild: www.nabu.de.
Die Römer kommen… mit Kaffee
Der Weg führt jetzt direkt nach Xanten, durch die Innenstadt, vorbei am Römermuseum und den Ausgrabungen und rekonstruierten Bauwerken (auf alle Fälle einen Besuch wert, wenn man nicht schon mal vor Ort war). Einen ausführlichen Bericht über die Sehenswürdigkeiten von Xanten findest du bei ‚2 on the go‚. Anschließend geht es über die Xantener Süd/Nordsee, das Inseldorf Wardt bis nach Kalkar, das mir nur vom schnellen Brüter bekannt war. Kalkar besitzt aber auch einen schönen mittelalterlichen Kern mitsamt einem Marktplatz, gesäumt von Cafés und Restaurants.
Da es noch etwas zu früh für ein echtes Mittagessen ist, gönne ich mir belegte Brötchen, ein Teilchen und einen Kaffee am Markt in der Sonne und schwinge mich dann wieder in den Sattel. Ich rolle entlang von Rheindeichen und über Felder in Richtung Emmerich. Dort an der Golden Gate des Niederrheins wechsle ich erneut die Rheinseite und erreiche die nächste Hansestadt.
Emmerich mit Promenade
In Emmerich gäbe es mit Rheinmuseum, Kirchen und Promenade genug zu sehen, leider komme ich zu früh an für einen Museumsbesuch. Seit Kalkar ist nicht genug Zeit vergangen, um schon eine Mittagspause zu rechtfertigen. Zudem wartet am Ende des Tages vielleicht eine Fähre auf mich, die ich nicht verpassen will, da es keine Brücke in der Nähe, aber auch keine Übernachtungsmöglichkeiten gibt.
Also weiter auf dem GPX Track, leider fehlen mir auf dem Hanse-Radweg etwas die Hinweise auf Sehenswürdigkeiten. So fühlt es sich an, als ob der Weg etwas planlos rund um Emmerich herum meandert und schließlich nach einer Brücke über die A3 auf einem kleinen Holzsteg über den Grenzkanal in die Niederlande wechselt.
In Holland, Land der Radwege
Nach wenigen Minuten bin ich dann in ’s-Heerenberg mit dem sehr beeindruckenden Schloss Huis Bergh. Durst ist da und so lege ich in einem schönen Café eine Pause ein und überlege, ob ich dies- oder jenseits des Rheins meine nächste Nacht plane. Da die Fähre noch gut zu erreichen ist, beschließe ich, die Rheinseite wieder mal zu wechseln und in Millingen am Rhein ein Zimmer zu suchen. Mit den guten niederländischen Radwegen rollt es sich ja auch deutlich einfacher und schneller. Generell merkt man: Je näher man in Deutschland an die Niederlande kommt, desto besser wird die Rad-Infrastruktur.
Eine Insel im Wald
Nach meiner Pause führt der Weg über fast perfekte Radwege an Straßen entlang und durch den Wald. Vor mir sieht man auf einmal ein Aussichtslokal, das mitten im Wald auf einem künstlichen ehemaligen Burghügel steht. Danach zeigt Komoot wieder seine interessanten Seiten, ein Radweg entpuppt sich als dezenter Singletrail durchs Unterholz. Ich habe als MTB’ler meinen Spaß, für einen normalen Tourenradler könnte das aber echt spannend werden.
Die anschließenden Kilometer bieten nochmal traumhafte Wege und einen kurzen Abstecher durch Deutschland in Elten, bis ich mit der Fähre nach Millingen-Pannerden übersetze und im Hotel mit einem Burger den Tag beende.
Sehenswertes in den Hansestädten dieser Etappe
Kalkar: Turmwindmühle, historisches Rahthaus, St.-Nicolai-Kirche
Grieth: „Griether Hanselädchen“ auf dem Markt
Emmerich: Golden Gate vom Niederrhein, Rheinmuseum
Tag 3: Von Millingen nach Zutphen – 94,3 km
Rider of the Storm oder Gegenwind formt den Charakter
Ein Bett, ausreichend Schlaf und ein ausgiebiges Frühstück beleben ausreichend, so dass auch Tag Drei ohne Stress mit dem Knie in Angriff genommen werden kann. Taschen ans Rad, Navi gestartet und zurück auf den Deich Richtung Nijmegen.
Strandkühe voraus
Kurz nach Millingen erreiche ich das Naturschutzgebiet Millingerward. Dort stehen Kühe am Strand und lagern auf beiden Seiten des Wegs. Langsam fahre ich vorbei und genieße die Ruhe und Einsamkeit auf dem Radweg, der nur von sehr wenigen Radlern genutzt wird. Auf dem Deich sehe ich die Stadt und ihre Brücken schnell größer werden, die mich erneut über den Rhein und damit auch weg vom Fluss, der mich zwei Tage begleitet hat, in Richtung Ijssel und Arnheim bringen werden.
Aber zunächst freue ich mich über einen kräftigen Schub vom Rückenwind, bis mir einfällt, dass die komplette Route nach Nijmegen genau gegen den Wind führt. Also statt einem kurzen Besuch an der Uferpromenade einen Schlenker durch die Altstadt und nochmal die Speicher mit Kaffee und Kalorien füllen. Ab in den Wind…
Vom Rhein an die Ijssel
Hinter Nijmegen führt der Weg an einer größeren Straße entlang, um dann über kleine Dörfer und Wirtschaftswege Richtung Arnheim abzubiegen. Hier ließe sich sicher eine entspanntere Route finden. Am Wegesrand sind Hinweise auf römische Siedlungen, den Limes und Ereignisse aus dem 2. Weltkrieg zu finden. Auch hier könnte der Führer des Hanse-Radweges etwas mehr Hinweise liefern.
Bei Driel quere ich auf einer kleinen Fußgängerfähre die Ijssel, und rolle wellig am Ufer durch Dörfer bis in die Innenstadt von Arnheim. Dort ist gerade Hochbetrieb und viel Verkehr, also merke ich mir die Stadt für einen späteren Besuch und fahre weiter.
Rider of the Storm oder Gegenwind formt den Charakter
Bei Westervoort geht es zurück über den Fluss und auf den Deich, ab jetzt habe ich den Wind voll gegen mich und meine Reisegeschwindigkeit geht deutlich zurück. Nach einigen Kilometern sehe ich endlich vor mir Doesburg auftauchen und damit auch meinen geplanten Essenstop. Doesburg ist eine sehr schöne kleine Hansestadt mit mittelalterlichem Flair. In einem Restaurant findet sich ein freier Platz in der Sonne und auf der Karte gute Gerichte, verschiedene Biere aus der Hausbrauerei und genug Nachspeisen, um den Wind vergessen zu machen.
Ich prüfe die verfügbaren Zimmer und finde kaum Unterkünfte auf der Route. In Doesburg zu bleiben, würde die restlichen Etappen nur deutlich länger machen. Es ist auch noch nicht all zu spät, also suche ich mir einen Platz in einem Bed and Breakfast in Zutphen und es geht weiter gegen den Wind.
Die kleinste Stadt der Niederlande
Aus Doesburg führt mich eine Brücke nach Dieren, dort findet sich eine weitere Fähre, auf der ich der einzige Gast bin. Anschließend kurble ich wieder gegen den Wind auf dem Deich Richtung Nord-Ost. Leider ist in Bronkhorst – der mit 150 Einwohnern kleinsten Stadt der Niederlande – kein Platz in einem der Restaurants frei für eine kurze Pause.
Also weiter und bald wird Zutphen vor mir grösser und ich freue mich heute wirklich auf mein Bett und etwas zu essen. Abends spreche ich noch kurz mit meiner Frau und statt mit dem Zug nach Hause zu fahren, wird sie mich in Zwolle treffen und aus der finalen Etappe ans Ijsselmeer wird eine gemeinsame Runde entlang einer der Hanseschleifen des Hansewegs.
Dadurch verkürzt sich auch der nächste Tag etwas und ich kann beruhigt etwas länger schlafen.
Sehenswertes in den Hansestädten dieser Etappe
Nijmegen: älteste Stadt der Niederlande, Fahrradmuseum Velorama
Arnheim: John-Frost-Brücke (die Brücke von Arnheim), Synagoge, Nederlands Openluchtmuseum
Doesburg: Martini-Kirche, Senffabrik, Jachthafen
Zutphen: Berkelruine, Stadt der Türme
Tag 4: Von Zutphen nach Zwolle – 77,9 km
Eine heiße Dusche, Kaffee, Frühstück und dann wieder aufs Rad. Der Ostwind hat kalte Luft mitgebracht, also nochmal stoppen und eine Windweste und sogar dünne Handschuhe für die ersten Kilometer rauskramen.
Der Klingler auf dem Turm
Zutphen ist eine weitere sehenswerte Hansestadt auf der Hanze-Route. In einem der vielen Türme der Stadt spielt der Carilloneur (wer nicht weiß, was das ist, sollte „Willkommen bei den Sch’ti“ schauen). Es geht über entspannte Deichstraßen mit wenig Verkehr nordwärts bis Deventer. Hier ist Markttag und entsprechend voll sind die Straßen. Daher schiebe ich mein Rad und sehe mir die Häuser und Dekorationen an.
Es ist auch Zeit für einen Koffeinschub und ich schaue mich nach einem Café um, an dem ich mein Rad in Sichtweite anschließen kann (es ist mir dann doch zu viel los, um es unbeaufsichtigt zu lassen). An einer Ecke entdecke ich einen Platz auf der Terrasse im Deventer Kuchenhaus. Schnell steht ein Kaffee Latte und ein Teller mit Deventer Gewürzbrot als zweites Frühstück vor mir.
Lieber doch umbuchen
Während ich meinen Kaffee genieße, schaue ich mir die Leute an und nutze die Zeit, mir noch mal das Hotel für den Abend genauer anzuschauen. Dabei fällt mir auf, dass die Bewertungen in den letzten Monaten ins Bodenlose gefallen sind, scheint wohl Probleme mit dem Management zu geben. Vielleicht findet sich ja etwas besseres so kurzfristig. Also das erste Hotel stornieren. Bei der Suche freue ich mich, dass eines der Hotels, die ich mir angesehen hatte, aber gestern ausgebucht waren, anscheinend doch wieder ein Zimmer frei hat. Also das neue Zimmer gebucht und meine Frau über die neue Location informiert.
Nur ned hetzen lassen
Gestärkt geht es auf die letzten 50 Kilometer nach Zwolle. Da es noch recht früh ist, habe ich jede Menge Zeit. Ich komme an der Ijssel-Linie vorbei, einer Verteidigungsanlage, die nach dem Krieg gegen einen Angriff aus dem Osten gebaut wurde – aktuell eine verstörende Tatsache, wenn man Richtung Ukraine schaut.
In einem der Dörfer am Wegesrand bekomme ich Hunger und stoppe in der kleinen Innenstadt für ein kurzes Mittagessen. Eine weitere Fähre setzt mich über und der Weg führt in den Zwolse Bos. Ich bin dankbar für den Windschatten der Bäume im Wald, aber auch überrascht, wie hügelig die Gegend doch sein kann.
Sollte da nicht eine Fähre sein?
Wenig später liegt auch der Zwolse Bos hinter mir und nach einem kurzen Blick in den Ort Hattem, versuche ich mit der ‚kleinen Fähre‘ direkt nach Zwolle überzusetzen. Ich rolle gemütlich Richtung Ijssel-Ufer, aber ich kann keine Fähre finden. Leider ist diese erst ab dem nächsten Tag in Betrieb, das hätte bei der ursprünglichen Planung gepasst. Aber da ich die Etappen etwas verlängert habe, fehlt mir genau der eine Tag und sie ist noch nicht in Betrieb.
Glücklicherweise ist die nächste Brücke schon in Sicht und auch grob in der richtigen Richtung. Also wieder zurück und mit kräftigen Tritten und Willen (Gegenwind formt den Charakter) gegen den Wind, der ständig zugenommen hat, über die Brücke. Endlich bin ich in Zwolle und beziehe das Hotel. Nur dreißig Minuten später ist auch meine Frau angekommen und wir verbringen den Abend mit einem ausgiebigen Rundgang und einem Essen in der Altstadt. Bei einem der über 900 Whiskeys der Hotelbar besprechen wir noch die morgige Rundtour und beenden den Tag.
Sehenswertes in den Hansestädten dieser Etappe
Deventer: Lebuinuskirche, Bergkirche
Hattem: Deichtor, Landgut Molecaten, Anton-Pieck-Museum
Zwolle: Museum De Fundatie, die „Pfefferbüchse“ der Liebfrauenkirche
Tag 5: Hanseschleife um Zwolle – 43,9 km
Nach einem reichlichen Frühstück und Kaffee, packen wir unsere Siebensachen, checken aus und sortieren uns für die Hanseschleife um Zwolle. Da ich ja heute Abend mit dem Auto zurückfahre, kann ich die Taschen mit meinen Sachen schon ins Auto packen und so deutlich leichter und entspannter mit meiner Frau losradeln.
So geht Radweg – in die falsche Richtung
Wir fädeln uns durch den dichten Radverkehr und bewundern die Infrastruktur. Zweispurige breite Radwege ohne Löcher und Stolperfallen. Separate Ampeln mit einer Stange, an der man sich festhalten kann. Wartesignale, welche die Restzeit anzeigen. Vor lauter Bewunderung biegen wir zunächst falsch auf unserer Runde ab. Das fällt uns aber schnell auf und wir drehen um und folgen dem Track auf dem Navigerät zum Fluss.
Über Klappbrücken und durch weite Flusslandschaften kommen wir gut voran. Ich sehe aber schon, wie sich die Bäume bewegen und hoffe, dass sich die neueste Errungenschaft meiner Frau, ein leichtes e-Bike heute bewährt und ihr den nötigen Schub liefert, wenn wir nachher auf unserer Runde gegen den Wind schwenken müssen.
Der holländische Berg: Wind von vorne
Schneller als gedacht ist dem auch so und wir kämpfen uns mit ungleichen Mitteln gegen die Böen. Ich höre die ‚Kaffeemühle‘ meiner Frau mahlen und da sie immer noch am Grinsen ist (außer eine Böe versetzt sie auf dem Radweg) beglückwünsche ich mich heimlich, sie doch von einem elektrisch unterstützten Gefährt überzeugt zu haben. Bewusst haben wir uns gegen das übliche e-Mofa mit maximaler Unterstützung und massivem Gewicht entschieden. Ihr e-Bike ist mit 16,8 kg sogar etwas leichter als ihr bisheriges Trekkingrad. Dadurch kann man auch ohne Motor entspannt rollen und der kleine Motor gibt zwar keinen Turbo, aber einen dezent kräftigen Schub.
Hansefest in Hasselt
So unterstützt bewegen wir uns voran und nach etwa der Hälfte sind wir in Hasselt, der letzten Hansestadt auf unserer Route. Zufällig begeht man den Start der Hanse-Festivitäten für 2022 am gleichen Tag. Wir schlendern durch die kleine Innenstadt und bewundern die historischen Gewänder und Stände der lokalen Händler. Wir fühlen uns an die Anfangstage des Hansefests in Neuss erinnert.
Ein Mittagessen am Fluss und weitere 20 km mit Wind über schöne Deiche und hauptsächlich Nebenstraßen führt uns zurück nach Zwolle, wo wir mit einem Stadtbummel, Kaffee und Getränken die Fahrt abschließen. In knapp zwei Stunden sind wir zurück in Neuss und das Kapitel ‚Hanse-Radweg‘ ist vorerst beendet. Wir werden uns die weiteren Hanseschleifen noch näher ansehen.
Sehenswertes in den Hansestädten dieser Etappe
Hasselt: St.-Quirinus-Kathedrale, Grote Markt, Jenever-Museum
Fazit zu 5 Tagen Hanse-Radweg und Hanseschleifen
Der Hanse-Radweg hat das Zeug zu einem richtig guten Radwanderweg. Er verbindet auf einer interessanten Strecke Industriekultur, Niederrhein und alte Hansestädte. Dabei deckt er den Zeitraum von den Römern, über die Hanse, den 2. Weltkrieg bis hin zu moderner Kunst und Shopping. Auch die Wegführung ist abwechslungsreich und meistens fern von Hauptstraßen.
Wenn ich Verbesserungen anbringen würde, dann wäre dies eine bessere durchgängige Ausschilderung, Alternativrouten, wenn die Fähren nicht fahren und mehr Informationen zu möglichen Sehenswürdigkeiten an der Wegstrecke, ggf. Partnerhotels und so weiter. Ein guter Anfang ist da sicher gemacht, wir freuen uns auf Version 2 des Hanseradwegs.
(Erlebt im April 2022)
Tipps rund um den Hanse-Radweg
Der Hanse-Radweg beinhaltet viele Fährverbindungen. Du solltest aber unbedingt vorher überprüfen, ob der Fährbetrieb bereits im Gange ist. Manche Fähren fahren nämlich erst ab Mai. Dann solltest du deine Route entsprechend umplanen und eine Brücke zur Flussüberquerung suchen.
Der Startpunkt des Hanse-Radweges liegt in Neuss am Rhein. Du erreichst ihn ganz bequem mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. So wird der Neusser Hauptbahnhof von diversen Regionalexpressen und S-Bahnen zum Beispiel aus Köln, Düsseldorf, Dortmund, Aachen, Mettmann, Bergisch Gladbach und sogar Venlo angefahren.
Wir haben die Hanze-Route in Zwolle beendet. Doch von dort aus führt sie eigentlich noch weiter durch die Hansestädte Hasselt, Kampen und Elburg bis nach Harderwijk.
Auf der offiziellen Webseite des Hanse-Radweges findest du den gesamten Hanse Radweg Streckenverlauf, der dort auf 8 Etappen aufgeteilt ist. Somit verkürzen sich die einzelnen Tagestouren. Ebenso werden dort sämtliche Hanse-Schleifen rund um die Hansestädte aufgeführt.
Wie hat dir der Hanse-Radweg gefallen? Wäre er für dich ein interessanter Fernradweg? Hast du bereits einige der genannten Hansestädte besucht und kannst weitere Tipps dazu geben? Ich freue mich auf dein Feedback unten in den Kommentaren.
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Die benachbarten Niederlande eignen sich hervorragend für einen Tagesausflug. Besuche doch mal die charmante Stadt Utrecht. Mit ihren Grachten und den typischen holländischen Häuserfassaden ist sie eine super Alternative für Amsterdam.
Du unternimmst gerne mehrtägige Fahrradtouren? Dann probiere doch mal den Rheinradweg aus. Er führt von Andermatt (Schweiz) bis nach Hoek van Holland. In zwei Tagen ist mein Mann die Etappe von Mainz bis nach Kaarst auf dem Rheinradweg geradelt, insgesamt 266 km lang. Über seine Erlebnisse und Erfahrungen während dieser Radtour berichtet er dir sehr gerne.
Falls du neben dem Fahrradfahren auch gerne wanderst, kann ich dir eine abwechslungsreiche Wanderung rund um den Hülser Berg empfehlen. Dabei wanderst du durch den ehemals sumpfigen Hülser Bruch, erreichst die Schluff Bahn und kannst so manche Überraschung entdecken.
Und damit das Wandern auch mit Kindern klappt, verrate ich dir 5 Fehler, die häufig beim Wandern mit Kindern gemacht werden und wie du sie am besten vermeidest.
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super, danke für den tollen Reisebericht.
ich plane in diesem Jahr die Hansestrecke mit Hund und Anhänger zu fahren. möchte jedoch günstig und natürlich mit Hund übernachten und bin da noch nicht fündig geworden… übernachtungen mit Hund in NL…. nur für sehr teure Hotels…
Hallo Ria,
das wundert mich etwas. Denn eigentlich sind die Niederländer doch total hundefreundlich. Ich drück dir die Daumen, dass du doch noch bezahlbare Unterkünfte findest.
Viele Grüße
Annette
Fantastische Strecke, das lohnt sich immer;)
Grüße
Verina